Was ist philosophisch bei PhilEcon?

Auf dieser Seite ist die Antwort auf die Frage: Was ist das philosophische beim Thema "Philosophische Grundlagen der Volkswirtschaftslehre".


Grundlagen

Die Kritik an ökonomischer Theorie setzt oft an der ökonomischen Methode in Hinblick auf die Annahmen der Ökonomik an. Aus philosophischer, gesellschafts- und sozialpolitischer Hinsicht ist dies insbesondere die Annahme eines homo oeconomicus. Im Selbstverständnis der ökonomischen Theorie werden diese Annahmen jedoch weniger bzw. nicht wertbehaftet (normativ) verstanden. Vielmehr stellt es einen wesentlichen Teil für ein formales methodisches Konstrukt dar, worauf weitere formale Konstrukte aufbauen

Die Bildung von Modellen ist nötig zur Reduzierung der Komplexität der Realität.

Die realen Auswirkungen der entgegengebrachten Kritikpunkte werden sogar teilweise an anderen Stellen in der ökonomischen Theorie behandelt. Hierbei sind externe Effekte und öffentliche Güter die wichtigsten und bekanntesten Ansätze.

Das Konstrukt des homo oeconomicus und andere methodische Annahmen sind indes nicht philosophische Begründung des ökonomischen Ansatzes, sondern erst der zweite Schritt im Anschluss daran. Die entsprechenden Konzepte befinden sich also schon innerhalb der notwendigen ökonomischen Modellbildung. Der erste Schritt, die eigentliche philosophische Begründung betrifft die normative Wertentscheidung, in deren Zentrum in der modernen Ökonomik meistens das Pareto-Kriterium steht.

Daraus entspringen die zwei Ausprägung zur Betrachtung der philosophischen Grundlagen der Volkswirtschaftslehre:

1. Wissenschafts-theoretische Betrachtung

In meinem Ansatz trenne ich die grundlegenden Werturteile von der methodischen Modellbildung. Letztere bildet dementsprechend eine Black Box, deren Inhalt nicht näher betrachtet wird. In den Grundzügen entspricht dies dem Ansatz von Milton Friedman, bei dem die realitätsnähe der Annahmen eines Modells methodisch irrelevant ist für die Qualität der Ergebnisse (Milton Friedman, The Methodology of Positive Economics, in: Milton Friedman, Essays in Positive Economics, Chicago und London 1953).

Diesbezüglich gibt es den Vorwurf der methodischen Immunisierung der Ökonomik

Im Sinne des kritischen Rationalismus um Sir Karl Popper muss eine gute Theorie falsifizierbar sein. Die ökonomische Theorie hingegen führt fehlerhafte Entwicklungen nicht zwangsläufig auf Mängel in der Theorie zurück, sondern viel eher auf Fehler in der praktischen Umsetzung und immunisiert sich so zu einem guten Teil gegen Vorwürfe.

Mein Ansatz ist es diese - faktisch sowieso vorhandene - wissenschaftstheoretische Abschottung nicht zu hinterfragen, sondern vielmehr zum Prinzip zu erheben, wie es auch in der Mathematik (und abgeschwächt auch in den Naturwissenschaften) der Fall ist: ein (in der Mathematik definitorisch) festgelegtes Modell wird nicht selbst auf die Realitätsnähe hin untersucht, sondern die Verwendbarkeit und Qualität der Ergebnisse wird betrachtet.

Ebenso ist das ökonomische Modell einschließlich seiner Annahmen für die wissenschaftstheoretische Betrachtung eine Black Box. Im Sinne des Werturteilsstreits ist das abgeschlossene Modell reine positive Theorie (mit den unvermeidlichen normativen Elementen bzgl. Auswahl und Objekt) (Lit. z.B. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 2. durgesehene und ergänzte Auflage, Tübingen 1951).

Dem Vorwurf der Immunisierung der Theorie kann indes an anderer Stelle begegnet werden, indem die normativen Elemente der volkswirtschaftlichen Theorie ausserhalb des geschlossenen Modells betrachtet werden. So bildet das Pareto-Kriterium die zentrale Wertannahme, welche auch das in der Theorie der Volkswirtschaftslehre grundlegende (bzw. zu Grunde gelegte) Ziel des Wirtschaftens darstellt.

Mein Ansatz zielt dementsprechend auf die Überprüfung des Ergebnisses der ökonomischen Theorie am Ziel der eigenen Wertannahme, also des Pareto-Kriteriums. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn das Ziel das Glück der Menschen ist, sich dieses aber aufgrund der Theorie nicht einstellen kann, dann ist hier die Falsifikation der Theorie zu suchen. Es lässt sich zeigen, dass das Pareto-Kriterium schon mit rein theoretischen Überlegungen einige Ansatzpunkte zur Analyse und Kritik beinhaltet.

2. Wertannahme der Volkswirtschaftslehre

Der Ausgangspunkt meiner Analysen ist ein angenommener allgemeiner Konsens in der ökonomischen Theorie über das Pareto-Kriterium. Und tatsächlich, fragt man jemanden danach, ob eine Situation zu bevorzugen ist, wenn einer besser und kein anderer schlechter gestellt ist, so findet dies breite Zustimmung.

Nun ist in Soziologie und Psychologie allerdings schon lange bekannt, dass die Antworten maßgeblich von der Fragestellung abhängt. Und nun konnte ich auch tatsächlich erleben: Der allgemeine Konsens verschwindet völlig, wenn man danach fragt, dass ein Millionär mehr bekommt, während der Bettler gleich arm bleibt.

Und dies ist kein irrelevanter Spezialfall, lässt sich doch das Konzept der Klassenbildung auf diese spezielle Frage zurückführen. Letztlich verdeutlicht sich hieran der fehlende gesellschaftliche Konsens über Gerechtigkeitsvorstellungen (Leistungsgerechtigkeit, Bedürfnisgerechtigkeit, Gleichheit etc.). Empirisch wird dies und andere Konstellationen in der Spieltheorie erforscht, ohne dass die Erkenntnisse bislang in die grundlegende Wertannahmen einfließt (sondern der Verfeinerung spezieller Modelle dient).

Zudem kann gezeigt werden, dass die Präferenzen der Individuen, welche zur Beurteilung des Besser und Schlechter einer Situation nicht unbeeinflusst vom Umfeld sind: Die reale Umsetzung wirtschaftspolitischer Empfehlungen auf Grundlage der ökonomischen Theorie kann ebenso wie die gesellschafts-politsche Ebene die Präferenzen der Individuen verändern! Dies zu zeigen bildet einen zentralen Kern meiner Analysen.

Daraus abgeleitet will ich versuchen, die theoretischen Bedingungen für die Wertannahme der Ökonomie herauszuarbeiten, um sowohl gute Erklärungs- und Zielmodelle für die reale Wirtschaft zu finden, als auch eine wissenschaftstheoretische und normative (!) Grundlage zur Diskussion zu schaffen. Daraus erwarte ich eine verbesserte Kommunikationsgrundlage zwischen Ökonomen und anderen Gesellschaftstheoretikern zu schaffen.

Für solche grundlegende Fragestellung ist es m.E. keine entscheidend andere Situation, ob der hier aufgezeigte Ansatz der paretianischen Wohlfahrt verwendet wird, oder individuelle Zustimmung im Sinne der konsensorientierten Konstitutionenökonomik (Buchanan) eingefordert wird. Über die Probleme kollektiver Entscheidungsverfahren (also wie die Stimme des Einzelnen in einem gesellschaftlichen Ergebnis einfließt) als auch bezüglich der Frage der Zielerreichung werden die gleichen prinzipiellen Probleme bezüglich inkonsistenter Ergebnisse auftreten.



 

erstellt von Christian Pietsch

Letzte Änderung am 6. Juni 2005